poligons1

Gerade nochmals gut gegangen

Er ist ein Held - oder besser gesagt: er war einer. Was für eine Karriere: FC Emmenbrücke, FC Luzern, Grasshoppers, Hertha BSC Berlin, sogar die Nationalmannschaft - und das in den 70er Jahren: top! Und heute?


Justus (10) geht mit seinem Papa ins Sportgeschäft. Diesmal gehen sie nicht ins Einkaufszentrum, nein: Sie gehen schliesslich zu ihm, der Fussball-Ikone früherer Zeiten. Sie treten ein. Der Laden, etwas dunkel, wirkt ein bisschen von gestern. Und er? Er sitzt zunächst im Geschäft, grüsst knapp und geht dann – wohl in Gedanken - hinter die Kulissen. Die Beratung übernimmt eine Dame, der es dabei leider an Inspiration fehlt. Sie wirkt nicht fröhlich und fragt knapp, ob die Schuhe passen. Es wirkt ein bisschen wie eine Last. Warum nur?

Die Auswahl ist klein, aber das Glück steht Pate. Ein Schuh passt wie angegossen und er passt noch dazu zu Justus' Lieblingstrikot. Der Preis ist stolz, aber gerade noch akzeptabel. Ab zur Kasse, «hier gehen wir nicht mehr hin» geht es Vater und Sohn durch den Kopf. Schnell noch den Code der EC-Karte eingeben, dann ..., ja dann geschieht doch noch was.

«In welchem Verein spielst Du?», fragt der Held den Jungen. «Beim FCM.» «Oh, schön - habt ihr viele Jugendmannschaften? Auf welcher Position spielst Du? » Alles ändert sich mit diesen Fragen. Fussball-Leidenschaft erfüllt den Raum, innert Sekunden. FCM, FCL, Bayern München, Coco Tolisso, die Fussball-Bundesliga, die Weltmeisterschaft und Adidas - die Themen überschlagen sich. Sein Tor im Spiel gegen die deutsche Nationalmannschaft, im alten Joggeli, ein Foto mit Pele. Alle strahlen jetzt. Auch Justus geht mit einem Strahlen aus dem Geschäft. Kaum vor der Tür, sagt er: «Papa, ich dachte schon, dass ich da nie mehr hingehe, so wie die Stimmung war. Aber jetzt hat's doch noch Spass gemacht.» Ja hat es, aber das war knapp - das ist nur gerade so nochmals gut gegangen - sozusagen in der Nachspielzeit.

Nachdenkliche Grüsse

Jörg Neumann

joerg@nzp.ch


Artikel teilen